GESCHICHTE  
  1530
  
10 13 16 19
11 14 17 20

Sonderthema:  'Wiedertäufer in Münster' (Westf.) 

 Die Wiedertäufer waren eine religiöse Gruppierung, die zunächst einmal die   Erwachsenentaufe propagierte. 


Die Wiedertäufer-Ideen hatten ihre Wurzeln in den religiösen, sozialen und politischen Auseinandersetzungen Anfang des 16. Jh. Siehe: Martin Luther!

Ausbreitung:
Die Lehren verschiedener Täufergruppierungen - mit Ursprung in der Schweiz und auch in Mittel- und Süddeutschland - breiteten sich seit den Bauernkriegen (1525) bis nach Frankreich, Böhmen und in die Niederlande aus.


Religiöse Vorstellungen der Täufer:
Vor allem die niederländischen Täufer (etwa um den Wanderprediger Melchior Hoffman) glaubten an eine Erneuerung der Welt und die Wiederkunft Christi (genau im Frühjahr 1534). Nach den Vorstellungen der Wiedertäufer sollte (1534) das 1.000-jährige Reich Christi beginnen und am Ende dieses Reiches das 'Jüngste Gericht' stehen. Nur die Wiedertäufer sollten dieses Reich erleben, da sie die 'einzig Rechtgläubigen' sind.

Weitere "Zeichen" für einen Umbruch waren für die Wiedertäufer: die Bauernkriege, das Vordringen der Türken und Naturerscheinungen (wie Nordlichter ...).

Seit dem Reichstag in Speyer (1529) standen übrigens auf das Spenden der Erwachsenentaufe und "Hartnäckigkeit im täuferischen Glauben" die Todesstrafe.


 

Jan van Leiden (leyden2.jpg)

Abbildung: Jan van Leiden.

Die unterste Zeile der Bildtafel lautet:

"Gottes Macht ist meine Kraft".


Geharnischte Kritik an der Kirche war schon lange auch aus Münster (Westf.) zu hören und so schlossen sich 1531 die münsterschen Gilden (Handwerkervereinigungen ...) den (ev.) Lehren des Predigers Bernhard Rothmann an, der in der münsterschen Kirche St. Mauritz reformatorisch gepredigt hatte.

Die Gilden wurden dann auch zur tragenden Kraft der reformatorischen Bewegung in Münster.

Münster zog bald danach Täufer aus den Niederlanden und aus anderen Teilen des Reiches an.

Die Besonderheiten der Täufergemeinschaft in Münster waren: Vielweiberei - entgegen der Täuferlehre! (*Vielweiberei wurde aber nur deshalb eingeführt, weil es in Münster 3-mal soviele Frauen wie Männer zu dieser Zeit gab!), Abschaffung des Geldverkehres, Gütergemeinschaft ...
(Die Wiedertäufer Münsters wurden auch: "Münsterer Rotte" genannt).

Jan van Leiden (eigentlich Jan Bockelson) ernannte sich selbst zum König des "Neuen Jerusalem" (Münster) (auch: Zion oder Sion). Als sich eine seiner 16 (oder 17?) Frauen (Elisabeth Wantscherer) ihm verweigerte und die Stadt verlassen wollte, richtete er sie eigenhändig mit dem Schwert auf dem 'Berg Zion' (dem Domhof?) hin.

Die Reaktion der katholischen Kirche auf das Treiben der Täufer in Münster ließ nicht lange auf sich warten.

Die Täufer in Münster hatten sich zwar mit Unterstützung der Protestanten dort etabliert, aber schon im Februar 1534 zogen sich die Lutheraner aus der Stadt zurück.

Auch die evangelischen Reichsstände standen nicht hinter der Täuferideologie.

Dazu kursierte noch folgendes Gerücht:
Kaiser Karl V. habe vor, das Fürstbistum Münster Franz von Waldeck abzukaufen und es als zusätzliches "Bollwerk" für die Umklammerung Frankreichs auszubauen. Dies machte vielen dt. Fürsten Sorge, da sie Einflussverlust befürchteten.

So kam es dazu, dass auch protestantische Kräfte (z. B.: der Landgraf Philipp von Hessen) halfen, das Täuferregime zu stürzen.

Der Hauptgrund für den Angriff des Fürstbischofs Franz von Waldeck 1534 auf Münster lag aber in der Tatsache, dass die Wiedertäufer die Erwachsenentaufe vollzogen.


Herausragende Vertreter der Täuferbewegung in Münster waren:
Jan Matthijs, Heinrich Krechting, Jan van Leiden, Bernd Knipperdollinck und Bernd Krechting.

Den 3 Letztgenannten wurde, nach der Erstürmung der Stadt durch fürstbischöfliche- und Reichstruppen (1534), der Prozess gemacht. Am 22. Jan. 1536 wurden sie dann vor dem Rathaus von Münster mit glühenden Zangen gefoltert und mit einem Dolch getötet.

Ihre Leichen hängte man in drei Körben an Münsters St.-Lamberti-Kirchturm zur Abschreckung auf.

Münster war damit faktisch die erste dt. Stadt, die rekatholisiert wurde.

Auch in der berühmtesten Ballade von Heinrich Heine findet sich ein Hinweis auf die Wiedertäuferzeit in Münster:


'Deutschland. Ein Wintermärchen'

»...
Folgt meinem Rat und steckt sie hinein
In jene drei Körbe von Eisen,
Die hoch zu Münster hängen am Turm,
Der Sankt Lamberti geheißen
.

Der Schneiderkönig saß darin
Mit seinen beiden Räten,
Wir aber benutzen die Körbe jetzt
Für andre Majestäten.
...«



*Jan van Leiden (der vorher Schneider war) erklärte sich selbst zum König der Täufergemeinde in Münster.

 


Abbildung: Wiedertäufer-Käfige
(St. Lamberti - Münster)

Siehe auch: Abecedarius

 

Zeitrahmen

Ereignisse/Namen/Regionen

1450 Um 1450 erfand (wahrscheinlich) Johannes Gutenberg
den Buchdruck mit beweglichen Lettern.
31.10.1517
- 25.09.1555
Glaubensspaltung

Reformation:
31. Okt. 1517 (Luther-Thesen) - 25. Sep. 1555 (Augsburger Religionsfrieden).
In der Zeit von Reformation (Luther) und Gegenreformation verstärkten auch gerade die kirchlichen Vertreter beider Glaubensrichtungen die Verfolgung von 'Hexen' und 'Hexern'.
1524-25
Bauernkrieg
 
1546-47
Schmalkaldischer Krieg:
Schmalkaldischer Krieg:

Der katholische Kaiser Karl V. führte 1546/47 den 'Schmalkaldischen Krieg' gegen den 'Schmalkaldischen Bund'.

Der Bund wurde nach der Vereinigung protestantischer Landesfürsten (der sich auf dem 'Augsburger Reichstag' von 1530 gegründet hatte) nach der Stadt Schmalkalden so genannt.

Die 'Wittenberger Kapitulation' beendete am 19. Mai 1547 den 'Schmalkaldischen Krieg'.
1555-1648 Gegenreformation:
25.09.1555 (Augsburger Religionsfrieden) - 1648 (Ende des 30-jährigen Krieges).

Sonderthema:  'Peinliche Halsgerichtsordnung' 

 Die sogenannte 'Peinliche Halsgerichtsordnung' (auch: Constitutio Criminalis Carolina   oder Carolina oder C.C.C.) stellt das 1. allgemeine dt. Strafgesetzbuch dar. 

1532 führte Karl V. (der Kaiser des 'Heiligen Römischen Reiches' [Kaiser von: 1530-56]) die 'Peinliche Halsgerichtsordnung' ein.

Diese Rechtsordnung hielt zwar weiter an martialischen Strafen (wie Todesstrafe durch: das
Rädern, das Verbrennen etc.) und der Folter 'zur Erlangung der Wahrheit' fest, gleichzeitig wurden aber für uns heute selbstverständliche Rechtsgrundlagen eingeführt wie:

  • Bestrafung nur nach erwiesener Schuld.
  • Anerkennung von Notwehr.
  • Unterscheidung zwischen: Mord (vorsätzlicher Tötung) und Totschlag ('fahrlässige' Tötung) bei der Strafzumessung.
  • Prüfung der Zurechnungsfähigkeit von Tätern.
  • Strafzweck soll die Vergeltung sein.

  • Die einzelnen Landesfürsten waren aber nicht sehr erfreut von dieser allg. Regelung, da sie ihre Rechte beschnitten sahen. Sie setzten deshalb die sogenannte: 'Salvatorische Klausel' durch. Damit behielten die Landesherren letztlich ihre Rechtsprivilegien.

    Bis zur Mitte des 18. Jh. behielt die Carolina Gültigkeit - in Norddeutschland sogar bis 1871!


    Siehe auch:

    Sachsenspiegel (~1220).
    Biografie: • Martin Luther (Reichsacht und Bann durch Karl V. [1521]).




     Literatur zum Thema: 

    "Der Hexenhammer",
    (*Der "Hexenhammer" [in's heutige Deutsch übersetzt] als TB):
    (Sprenger+Institoris),
    (TB) dtv: Nr. 2162, 1993,
    ISBN: 3-423-02162-4



    Hervorragende, weiterführende Bücher zum Thema sind:

    "Hexen",
    (Professor Wolfgang Behringer),
    (TB) Verlag: C.H. Beck, Jahr: 2005, 115 Seiten,
    ISBN: 3-406-41882-1

    "Hexen und Hexenprozesse in Deutschland",
    (Hrsg.: Professor Wolfgang Behringer),
    (TB) dtv: Nr. 30781, Jahr: 2000,
    ISBN: 3-423-30781-1

    "Aus der Zeit der Verzweiflung /
    Zur Genese und Aktualität des Hexenbildes"
    ,
    (Becker, Bovenschen, Brackert u. a.),
    (TB) edition suhrkamp SV: Nr. 840, Jahr: 1977,
    ISBN: 3-518-10840-4



    Weitere gute Bücher zum Thema:

    "Teufelsglaube und Hexenprozesse",
    (Hrsg.: Professor Georg Schwaiger),
    Nikol Verlag, 4. Aufl., Jahr: 2007,
    ISBN: 3-937872-68-X



    (c) Texte, Datenbanken, Auflistungssysteme, Fotos & Layout (wispor.de)
    - lexikalischer Auskunftsdienst / Münster (Westfalen)